Tarifrunde M+E 2008

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09.09.2008 IG Metall stellt höchste Forderung seit 16 Jahren

Frankfurt/Main (dpa) - Die IG Metall geht mit der höchsten Forderung seit 16 Jahren in die Tarifauseinandersetzung für die Metall- und Elektroindustrie.

Der Vorstand hat am Montag eine Spanne von 7 bis 8 Prozent als Korridor festgelegt.

Die Entscheidungsfindung innerhalb der Organisation sei noch nicht abgeschlossen, erklärte der Gewerkschaftsvorsitzende Berthold Huber am Montag nach einer Vorstandssitzung in Frankfurt. Endgültig festgelegt wird die Forderung für den größten deutschen Industriezweig mit 3,6 Millionen Beschäftigten erst in zwei Wochen bei einer außerordentlichen Vorstandssitzung.

Zuletzt hatte die Gewerkschaft im Jahr 1992 mit 9,5 Prozent eine höhere Forderung aufgestellt.

Huber begründete den aktuellen Forderungskorridor mit den Preissteigerungen, Fortschritten bei der Produktivität und einem sogenannten Gerechtigkeitsausgleich. Managergehälter und Unternehmensgewinne seien überproportional angestiegen, während die Arbeiter nicht am Aufschwung teilgenommen hätten. In der Folge sei der private Verbrauch nicht angesprungen. Huber sprach von einem "unbalancierten und daher ungerechten Aufschwung".

Niemandem sei verborgen geblieben, dass sich die konjunkturelle Dynamik verlangsamt habe, sagte Huber. "Es gibt jedoch keinen Grund, an der wirtschaftlichen Potenz der deutschen Metallwirtschaft zu zweifeln." Sie bewege sich weiter auf hohem Niveau. Huber warnte die Arbeitgeber vor überlauten Kassandrarufen, die zu selbsterfüllenden Prophezeiungen werden könnten.

Der Gewerkschaftschef machte klar, dass mit der höheren Forderung auch ein höherer Abschluss verbunden sein müsse als im Vorjahr. Damals hatte die IG Metall ein Plus von 6,5 Prozent für zwölf Monate verlangt und 4,1 Prozent erhalten. In einer zweiten Stufe gab es einen Zuschlag von 1,7 Prozent. In beiden Stufen wurden zudem Einmalzahlungen vereinbart. Der gesamtwirtschaftliche Produktivitätszuwachs und Inflationsausgleich machten vier Prozent verteilungsneutralen Spielraum aus, rechnete Huber vor. "Uns geht es aber um mehr."

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall wies die Forderung umgehend zurück. "Jetzt die höchste Forderung der letzten 16 Jahre zu stellen, ist Unvernunft und bringt die Akzeptanz unseres Lohnfindungssystems in Gefahr", sagte Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser in Berlin. Der zuletzt erreichte Beschäftigungsaufbau und die Weltmarktanteile der Betriebe dürften nicht leichtsinnig aufs Spiel gesetzt werden. "Wir wollen unsere Belegschaften auch durch die Täler bringen. Dies geht nur mit einem realistischen Tarifabschluss, der keine übermäßige Kostenbelastung zementiert", sagte Kannegiesser.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt bezeichnete die Forderung als "unberechtigt und gewaltig überzogen". Die IG Metall müsse mit Augenmaß in die Tarifrunde gehen und "darf die sich abschwächende Konjunktur nicht zusätzlich belasten".

Die Tarifpartner haben übereinstimmend erklärt, bis Weihnachten zu einem schnellen Abschluss kommen zu wollen. Die Friedenspflicht endet bereits am 31. Oktober. Bis dahin sollen in einzelnen Tarifgebieten bereits drei Verhandlungsrunden abgeschlossen sein. Den Anfang macht nach bisheriger Terminlage der Bezirk Mitte für Hessen, Rheinland- Pfalz, Saarland und Thüringen am 2. Oktober.

Die Metall- und Elektroindustrie ist die deutsche Schlüsselbranche, die rund 60 Prozent des Industrieumsatzes bestreitet. Die Entgelte der Arbeitnehmer summierten sich im vergangenen Jahr auf 151 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 947 Milliarden Euro. Eine Lohnerhöhung um 5 Prozent würde mit den Sozialbeiträgen der Arbeitgeber mehr als 9 Milliarden Euro kosten.

dpa ce/sam yyhe z2 ra 08.9.08, 17.05 Uhr

Letzte Änderung: 08.11.2011