Grenzgänger*innen und Kurzarbeit

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26.11.2021 Ist ein Ende der faktischen Doppelbesteuerung des Kurzarbeitergeldes von Grenzgänger*innen in Sicht? Ein Urteil des Bundessozialgerichts lässt hoffen

Was ist das Problem?
Seit der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden vermehrten Aufkommen an Kurzarbeit entsteht eine besondere Problematik für die Grenzgänger:innen. Kolleginnen und Kollegen, die in Frankreich leben und in Deutschland arbeiten, sehen sich seit einem Jahr einer faktischen Doppelbesteuerung des Kurzarbeitergeldes ausgesetzt. Das in Deutschland nettoberechnete Kurzarbeitergeld wird in Frankreich nochmal versteuert. Dies stellt de facto eine Doppelbesteuerung dar.

Wie ist der aktuelle Sachstand?
Am 03.11.2021 hat sich das Bundessozialgericht mit dieser Thematik befasst und kommt zu dem Ergebnis: "Mangels zuzuordnender Steuerklasse beträgt der sich [...] ergebende Abzugsbetrag in diesem Fall 0 Euro." (Aktenzeichen: B 11 AL 6/21 R).
Und weiter: "Eine Gleichbehandlung würde vielmehr möglicherweise eine mittelbare Diskriminierung darstellen, weil Grenzgänger, die in Deutschland nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegen, zu ihrem Nachteil wie in Deutschland Lohnsteuerpflichtige behandelt und damit faktisch mit dem gleichen Entgelt zweimal einem Einkommen-/Lohnsteuerrecht - vorliegend in Frankreich und Deutschland - unterworfen würden."

Was bedeutet das nun für Grenzgänger:innen?
Leider liegt das Urteil des Bundessozialgerichts noch nicht vollständig vor, somit kann noch keine abschließende und juristisch belastbare Aussage hierzu getroffen werden. Zudem wurde der Fall wieder an die niedrigere Instanz, das Landessozialgericht, "zurückgegeben", um ein endgültiges Urteil zu sprechen.
Trotzdem geht die IG Metall Offenburg derzeit davon aus, dass das Urteil positives Auswirkungen für Grenzgänger:innen haben wird.

Wie geht es weiter?
Die IG Metall steht derzeit in intensiven Austausch mit der Agentur für Arbeit (die ja das Kurzarbeitergeld an den Arbeitgeber auszahlt), dem Arbeitgeberverband und den Jurist:innen, damit schnellstmöglich Klarheit herbeigeführt werden kann.
Über die Verwaltungsausschüsse versucht die IG Metall gerade, die Agentur für Arbeit zur Änderung Ihrer Auszahlungspraxis zu bewegen.
Voraussichtlich Mitte Dezember können weitergehende Aussagen getroffen werden, wie es weitergeht und was zu tun ist.

Müssen betroffene Beschäftigte jetzt vor Gericht?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da ein Klageweg der einzelnen Grenzgänger:innen vor dem zuständigen Sozialgericht durch die Rechtsprechung ausgeschlossen ist, da der Begünstigte des Kurzarbeitergeldbescheides der Arbeitgeber ist.
Somit können betroffene Beschäftigte Klage gegen ihren Arbeitgeber führen und ihm entgangenen Lohn vorwerfen. Allerdings ist bei diesem Klageweg nicht klar, ob das zuständige Arbeitsgericht das Verfahren, aufgrund von Unzuständigkeit, an das Sozialgericht überweist oder das Verfahren niederschlägt.
Deswegen hat sich die IG Metall bereits vor über einem Jahr, gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, an das Finanz- und Arbeitsministerium gewendet. Diese haben versucht mit den französischen Behörden eine Lösung zu finden - bisher leider ohne Erfolg.

Die IG Metall Offenburg informiert ihre Mitglieder umgehend, sobald es zu diesem Thema Neuigkeiten gibt.

Letzte Änderung: 30.11.2021