Beschäftigungspolitische Konferenz
Kaum scheint die tiefste Wirtschaftskrise der letzten 80 Jahre überwunden, greift die Sorge um einen drohenden Fachkräftemangel um sich. Gleichzeitig steigt die Zahl der prekär Beschäftigten steil an, es droht eine durchwachsene Ausbildungsbilanz und es wartet ein tiefgehender Strukturwandel auf die baden-württembergische Wirtschaft. Antworten darauf brauchen Politik und Gewerkschaften gleichermaßen.
Für IG Metall Bezirksleiter Jörg Hofmann ist deshalb klar: "Wir brauchen einen Kurswechsel der aktuellen Politik". Vor über 100 Teilnehmern plädierte er heute auf einer gemeinsamen Konferenz von IG Metall
Baden-Württemberg und der CDA Baden-Württemberg in Offenburg deshalb für eine Regulierung von Leiharbeit. "Wir müssen diesem Wildwuchs endlich wirksame Schranken geben und damit verhindern, dass aus der jungen
Generation die Generation prekär wird", so Hofmann.
Hofmann betonte außerdem, dass ohne ein Zusammenwirken der politischen Kräfte in und aus dem Land der anstehende Strukturwandel kaum zu bewältigen sei. "Wir müssen mit hervorragend qualifizierten Fachkräften die
Forschung und Entwicklung innovativer Technologien vorantreiben. Wir müssen aber gleichzeitig dafür sorgen, dass die Produkte auch an Standorten im Südwesten industrialisiert und produziert werden. Nur so kann der
Arbeitsmarkt auch dauerhaft stabil gehalten werden. Das erfordert gemeinsame Anstrengungen."
"Unsere Wirtschaft ist in Struktur und Substanz kerngesund. Baden-Württemberg ist und bleibt der Leuchtturm für Innovation, für Spitzentechnologie, für Wohlstand und neues Wachstum. Aber wir müssen am Ball
bleiben. Strukturwandel, Wettbewerb, Globalisierung, demografischer Wandel und Fachkräftemangel erfordern eine konsequente Ausschöpfung aller Wissens- und Personalressourcen", erklärte Arbeitsministerin Dr. Monika
Stolz.
Im Hinblick auf die Leiharbeit betonte die Ministerin, dass man sie nicht insgesamt als negativ ablehnen sollte. Gerade für Langzeitarbeitslose biete diese eine Chance des Wiedereinstiegs in den Arbeitsmarkt und auch für die
Unternehmen sei durchaus ein gewisses Flexibilitätsinteresse anzuerkennen. Die Übernahmequoten seien allerdings noch deutlich ausbaufähig. Es gehe letztlich darum, die Flexibilität als Anforderung der modernen
Arbeitswelt auf der einen Seite und die Gewährung sozialer Sicherheit für die Arbeitnehmer auf der anderen Seite miteinander zu verbinden. "Missbräuche, insbesondere gezielte Tarifflucht, müssen verhindert werden", so
Stolz. Vor diesem Hintergrund sei der aktuelle Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums durchaus als sinnvoller Beitrag zur Verhinderung von Missbrauch anzusehen. Stolz erklärte: "Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs und
dem zu verzeichnenden derzeitigen Anstieg der Leiharbeit muss zudem genau darauf geachtet werden, dass Arbeitsplätze der Stammbelegschaft nicht dauerhaft und in größerem Umfang durch Leiharbeitnehmer ersetzt werden."
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß wandte sich auf der Konferenz nicht grundsätzlich gegen das Instrument der Leiharbeit. Er plädierte allerdings massiv dafür, stärker als bisher darauf zu achten, "ob es hier wirklich um den begrenzten Einsatz eines Flexibilisierungsinstrumentes geht." Ziel von Arbeitsmarktpolitik müsse es schließlich sein, möglichst vielen Beschäftigten eine reguläre Arbeit mit einer angemessenen Bezahlung zu ermöglichen. Kritik übte er an der um sich greifenden Praxis, wonach tariflich vereinbarte Lohnlinien in größerem Stil umgangen werden. "Zahlreiche Gespräche mit Betriebsräten und konkrete Aussagen von Arbeitgeberfunktionären nähren leider den Verdacht, dass wir es mit einer neuen Unternehmensstrategie zu tun haben", so Weiß.
Der Landesvorsitzende der CDU Sozialausschüsse (CDA), Christian Bäumler, forderte eine gesetzliche Lohnuntergrenze bei Leiharbeit. "Leiharbeit muss in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen werden." Außerdem forderte Bäumler eine Obergrenze für die Arbeitnehmer, die in einem Betrieb als Leiharbeiter beschäftigt sind. "Zwei Prozent sind aus Sicht der CDA ausreichend." Auch müsse spätestens nach sechs Monaten der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten.
Auch Ahmet Karademir, Geschäftsführer der IG Metall Offenburg, kritisierte die aktuelle Arbeitsmarktpolitik. Es werde zu wenig auf Qualifizierung und Weiterbildung geachtet: "Die qualifizierten Fachkräfte machen den Erfolg des Landes aus. Aber wir müssen aufpassen, dass diese Quelle nicht versiegt. Das heißt: Wir brauchen passende Konzepte für Aus- und Weiterbildung. Deshalb liegt die Lösung nicht im Lamentieren über einen drohenden Fachkräftemangel, sondern im frühzeitigen Handeln." Karademir forderte deshalb mehr Investitionen für die Bereiche Aus- und Weiterbildung.
Letzte Änderung: 13.12.2012