Die Abmahnung

03.09.2007 Die arbeitsrechtliche Abmahnung wird als Vorstufe zur verhaltens- oder leistungsbedingten Kündigung angewandt...

Die Abmahnung drückt die Missbilligung des Abmahnenden (Arbeitgeber) zu einem von ihm detailliert beschriebenen Fehlverhalten (des Arbeitnehmers) aus. Sie soll den Abgemahnten evtl. auch unter Androhung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einer positiven Verhaltensänderung bewegen.

Mit der Abmahnung weist der Gläubiger (im Normalfall der Arbeitgeber) den Schuldner der Arbeitsleistung (Arbeitnehmer) auf dessen vertragliche Verpflichtungen hin und zeigt ihm die gerügte Verletzung genau auf. Außerdem fordert er ihn unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, wie der Kündigung auf, seine vertraglich geschuldeten Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen (BAG, 10.11.1993, 7 AZR 682/92, bzw. BAG 15.07.1992, 7 AZR 466/91).

Auch der Arbeitnehmer kann seinen Arbeitgeber abmahnen, wenn dieser seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Beispiel: Vor der (fristlosen) Kündigung kann der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber wegen ausstehender Lohnzahlungen abmahnen.

Bevor der verhaltensbedingten Aussprache der Kündigung muss der Arbeitgeber grundsätzlich eine Abmahnung aussprechen. Das kann jedoch unterbleiben, wenn das Fehlverhalten des Arbeitnehmers so gravierend ist, dass eine Abmahnung keinen Erfolg zeigen würde.

Ein rechtswirksam und einschlägig abgemahnter Arbeitnehmer kann sich nicht darauf berufen, er sei davon ausgegangen, dass sein Verhalten geduldet wurde.

Das BAG geht davon aus, dass es sich bei der Abmahnung um die Ausübung eines arbeitsvertraglichen Gläubigerrechts (individualvertragliches Rügerecht) handelt, das seine rechtliche Herkunft in § 326 Abs. 1 BGB findet (BAG 19.06.1967, 2AZR 287/66). Die Grundsätze der Abmahnung wurden von der Rechtsprechung im Laufe der Jahre weiter entwickelt.

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass eine Abmahnung folgendes Formerfordernis, (Voraussetzungen in der Form und Inhalt), erfüllen muss:

Rügefunktion
a.) Fakten: was, wann, wer, wo, wie usw.
b.) juristische Kritik, Verstoß gegen Haupt- oder
Nebenpflichten.

Warnfunktion
a.) arbeitsrechtliche Konsequenzen einschließlich Kündigung
b.) Androhung der Kündigung, fristlos/ordentlich
Beweisfunktion
c.) Urkundenbeweis: schriftliche Bestätigung durch Betroffene,
d.) Anscheinsbeweis: schriftliche Bestätigung durch Zeugen,
e.) ohne Beweiswert: einseitige Notizen

Bei ausländischen Arbeitnehmern kann eine Abfassung in deren Muttersprache notwendig sein.

Abmahnungsberechtigt ist, wer aufgrund seiner Aufgabenstellung befugt ist, Anweisungen bzgl. Arbeitsort, Arbeitszeit sowie Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit zu erteilen, d. h. Weisungs- und Direktionsrecht selbstständig ausübt (BAG 18.01.1980, 7 AZR 75/78).

Es gibt keine Frist die jemanden dazu verpflichtet innerhalb einer gewissen Zeit eine Abmahnung auszusprechen (BAG, 15.01.1986, 5 AZR 70/84).

Allerdings kann der Arbeitgeber das Recht auf Abmahnung verwirken. Dies geschieht dann, wenn der Abmahnungsberechtigte zu lange wartet, so dass der evtl. Abmahnungsempfänger darauf vertrauen kann, sein (Fehl)Verhalten habe zu keiner Beanstandung Anlass gegeben.

Der Betriebsrat hat keinerlei Beteiligungsrechte beim Ausspruch einer Abmahnung (BAG, 17.01.1989, 1 ABR 100/88), individualvertragliches Rügerecht.

Sollte eine spätere Kündigung u. a. auf eine Abmahnung gestützt werden, so ist im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG dem Betriebsrat auch die Abmahnung zugänglich zu machen.

Der abgemahnte Arbeitnehmer kann sich beim Betriebsrat gem. §§ 84 Abs. 1 und 85 Abs. 1 BetrVG beschweren. Hält der Betriebsrat die Beschwerde für berechtigt, so kann er gem. § 85 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitgeber die Abhilfe der Beschwerde verlangen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat von seinem Vorgehen zu unterrichten.

Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat über die Berechtigung der Beschwerde nicht einigen, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle gem. § 85 Abs. 2 BetrVG anrufen.

Der Arbeitnehmer kann eine Gegendarstellung schreiben, die mit der Abmahnung in der Personalakte abzulegen ist. Im Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG ist dem Betriebsrat auch eine vom Arbeitnehmer verfasste Gegendarstellung zuzuleiten.

Der Arbeitnehmer kann eine unberechtigte oder falsche Abmahnung auf dem Klagewege aus der Personalakte entfernen lassen (BAG, 05.08.1992, 5 AZR 531/91).

Das gleiche gilt, wenn die Abmahnung durch Zeitablauf "verjährt" ist, ihre Wirkung verloren hat.

Der Betriebsrat sollte versuchen eine freiwillige Betriebsvereinbarung über die Grundsätze der Abmahnungserteilung abzuschließen. Regelungsinhalte könnten u. a. folgende sein:

Abmahnungsfristen,
Anhörung, bzw. Unterrichtung des Betriebsrats,
Anhörung des Arbeitnehmers,
"Verjährungsfristen" einer Abmahnung, Herausnahme aus der Personalakte.

Je länger eine Abmahnung in der Personalakte verweilt, desto schwächer wird sie. Das BAG geht davon aus, dass keine pauschalen Fristen festgelegt werden können, da es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankomme (BAG, 18.11.1986, 7 AZR 674/84).

In der Praxis geht man davon aus, dass Abmahnungen nach 2 Jahren entfernt werden können, wenn kein ähnlicher oder nach gewissem Zeitablauf gleicher Fall eingetreten ist. Der Arbeitnehmer sollte von der Entfernung unterrichtet werden.

Ausschlag gebend ist die Natur (Art) der Vertragsverletzungen. Da Vorfälle unterschiedlich schwer wiegen, die Rahmenbedingungen unterschiedlich sind, die Menschen unterschiedlich sind, kann es keine pauschalierten Angaben geben, z.B. drei verschiedene Vertragsverletzungen in zwei Jahren.

Wenn eine Abmahnung ihren Zweck nicht (mehr) erreichen kann, weil der Abgemahnte die (bereits) gerügte Schlechtleistung wiederholt und uneinsichtig ist, kann eine Kündigung ausgesprochen werden

Letzte Änderung: 09.04.2008